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Streiterei am 100. Geburtstag? – Montenegro zwischen Partystimmung und Provokation

November 4, 2018 Aktuelles, Meinung, Welt No Comments
Die aktuelle montenegrinische Flagge

Die aktuelle montenegrinische Flagge

 

Wenn sich diesen Monat in Europa alles um den 100. Jahrestag des Ende des 1. Weltkriegs dreht und an die Unabhängigkeitserklärungen und Neugestaltungen verschiedener europäischer Länder erinnert wird, dann ist das meistens mit einem Festakt verbunden. Dass diesem aber nicht immer so ist und ein 100-jähriges Jubiläum durchaus Gefahren birgt, zeigt das Beispiel der Gründung des Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen, das nun in dem Balkanstaat Montenegro heftig in der Kritik steht.

Denn serbischen Intellektuellen wurde erst kürzlich die Einreise nach Montenegro verhindert, die dort den hundertsten Jahrestag der Versammlung feiern wollten, die im November 1918 den Zusammenschluss des serbischen Königreiches mit dem montenegrinischen beschloss. Da dies auf Kosten des montenegrinischen Königs geschah und das Land nach dem entbehrungsreichen Weltkrieg nun auch seine Unabhängigkeit verlor, war und ist dieser Schritt nicht bei allen Teilen der montenegrinischen Bevölkerung beliebt. Erst 2006, durch ein Unabhängigkeitsreferendum, löste sich Montenegro aus dem Staatenbund Serbien und Montenegro und erlangte seine Unabhängigkeit wieder.

Das Einreiseverbot hat, nach dem NATO-Beitritt Montenegros im Juni 2017, nun zu weiteren Spannungen im Verhältnis zwischen Belgrad und Podgorica geführt, da sich nun der serbische Präsident Alexsandar Vucic eingeschaltet hat und die Montenegriner für diese Entscheidung kritisiert hat.

Doch nicht nur außenpolitisch wird dieses Jubiläum zum Spießrutenlauf für Montenegro werden, denn auch innenpolitisch gehen die Meinungen zu diesem Ereignis auseinander. Denn die Probleme fangen bereits mit der Definition „Montenegriner“ an. So stehen sich Montenegriner und Serben ethnisch sehr nahe und böse Zungen behaupten sogar, es gäbe die Montenegriner gar nicht, da sie ja eigentlich Serben wären. In Montenegro äußert sich das so, dass es vor allem im Norden eine große Anzahl an Einwohnern gibt, die sich als Serben bezeichnen und insgesamt etwa ein Drittel der Gesamtbevölkerung Montenegros ausmachen. Der Rest bekennt sich, mit Ausnahme einer albanischen Minderheit im Südosten, als montenegrinisch.

Bereits einige Wochen zuvor war Montenegro in die Schlagzeilen geraten, als die Regierung das verpflichtende Aufstehen beim Ertönen der Nationalhymne forderte, das bei Unterlassung eine Geldstrafe nach sich ziehen solle. Wie es scheint ein weiterer Schritt in einer Reihe von staatlich gelenkten Versuchen die Montenegriner als eigene Nation zu stärken und zu formen. So hatte Montenegro in der jüngeren Vergangenheit die Wiedergründung einer eigenen orthodoxen Kirche und die Etablierung der „montenegrinischen“ Sprache erwirkt. Inwiefern diese sich von der serbischen Sprache allerdings unterscheidet ist noch immer Gegenstand von Streitigkeiten zwischen den beiden Ethnien in Montenegro, genauso wie der Umgang mit der gemeinsamen Vergangenheit.

Mit Spannung wird daher nun ein 100-jähriges Jubiläum erwartet, in der Region in der einst der Weltkrieg begann.

Maurizio K.

 

Bildrechte: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Flag_of_Montenegro.svg

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