Paul Gauguin – ein Künstler auf der Suche nach der Natur
Kindheit und Jugend:
Eugène Henri Paul Gauguin wird am 7. Juni 1884 in Paris geboren. Seine Eltern, der Journalist Clovis Gauguin, und die Halbperuanerin Aline Maria Chazal, ziehen mit ihm und seiner älteren Schwester aus politischen Gründen kurz nach seiner Geburt nach Peru. Während der beschwerlichen Schiffsreise verstirbt jedoch sein Vater, weshalb die nun Witwe gewordene Aline Schutz in Lima bei wohlhabenden Verwandten sucht.
Als Paul sieben Jahre alt ist zieht die Familie wieder nach Frankreich zurück, was einerseits an einem Bürgerkrieg in Peru liegt, andererseits aber auch an einer Erbschaft, die seine Mutter erwartet. Dort leben sie gemeinsam bei einem Onkel in Orléans, bis seine Mutter kurze Zeit später alleine nach Paris geht, um eine Arbeitsstelle zu finden. Paul bleibt bei seinem Onkel und besucht nun die Petit Séminaire de la Chapelle-St-Mesmin Internatsschule.
Mit 17 fährt er mit der französischen Handels- und Kriegsmariene bis 1871 zur See, mit welcher er unter anderem auch nach Südamerika und Indien kommt. Auf einer seiner Reisen überschreitet Paul sogar den nördlichen Polarkreis. Vier Jahre zuvor stirbt seine Mutter, während Gauguin gerade auf großer Schifffahrt ist.
Erste Erfahrungen mit der Kunst:
Nach Gauguins Seefahrerzeit startet er eine Karriere als Börsenmakler in Paris, macht aber auch gleichzeitig erster Erfahrungen mit der Kunst und lernt Impressionisten kennen.
Impressionisten sind Künstler, die im Stil des Impressionismus malen, welcher sich zwischen 1860 und 1870 in Frankreich entwickelt. Häufig malen sie Landschaftsszenen an der frischen Luft, was zur damaligen Zeit sehr unüblich ist. Des weiteren ist es ihnen wichtig, dem Betrachter ihren eigenen, subjektiven Eindruck von der Wirklichkeit zu vermitteln, was sie vor allem mit Hilfe von Farbe und Lichteinfall erreichen.
Mit 25 Jahren heiratet er die Dänin Mette Sophie Gad, die ihm vier Söhne und eine Tochter (1. Emile; 2. Aline; 3. Clovis; 4. Jean und 5. Paul) zwischen 1874 und 1883 schenkt. Der 26-jährige Impressionist nimmt nun
Kunstunterricht im Atelier Colarossi. Währenddessen lernt er auch die Künstler Camille Pissarro, Edgar Degas, Paul Cézanne und Édouard Manet kennen.Von 1876 bis 1881 nimmt er an insgesamt drei impressionistischen Ausstellungen teil und wird als Kunstsammler aktiv.
Aus dieser Anfangszeit Gauguins stammen unter anderem folgende Werke:
Zu Beginn seiner Künstlerlaufbahn ist Gauguin noch sehr stark vom Impressionismus geprägt, wie an diesen Bildern zu sehen ist. Zum Beispiel kann man bei fast allen Bildern die stark tupfenartige Pinselführung erkennen, genauso wie die zarten Farben, welche beides im Impressionismus häufig vorkommende Elemente sind.
Bewusste Entscheidung für die Kunst und erste Pont-Aven Reise:
Nachdem Paul mit 34 Jahren nach einem Börsencrash seine Arbeit verliert beschließt er, gegen den Willen seiner Frau, sich und seine Familie allein durch seine Malerei zu ernähren.
Da seine Bilder leider nicht den Erfolg bringen, auf den Gauguin abzielt, muss er von nun an mit ständigen Geldproblemen leben. Deshalb zieht er mit seiner Frau und seinen Kindern nach Ruen, wo das Leben zur damaligen Zeit billiger ist. Hier bleiben sie nicht lange, sondern ziehen kurz darauf zu Mettes Verwandten nach Dänemark. Paul trennt sich jedoch schon bald, nach häufigen Streitereien mit den Verwandten seiner Frau, von seiner Familie. Trotzdem bleibt er mit Mette bis kurz vor seinem Tod in Briefkontakt. Anschließend geht er nach Frankreich zurück und hält sich mit Minijobs über Wasser.
Als er 1886 nach Pont-Aven kommt (das ist eine Hafenstadt in der früher vieler Küstler gelebt haben, da sie eine sehr schöne Landschaft hat) lernt er den Maler Émile Bernard kennen, mit dem er später den Synthetismus begründet.
Hier sind ein paar Bilder von seiner ersten Pont-Aven Reise:
Panama und Martinique:
Nach einem Jahr in Pont-Aven beschließt Gauguin eine Reise mit seinem Malerfreund Charles Laval über ein halbes Jahr nach Panama und Martinique zu machen. Hier sieht man den Bruch mit dem Impressionismus schon sehr deutlich, der sich zum Beispiel durch die großen einheitlichen Farbflächen, die untypisch für den Impressionismus sind, zeigt. Paul, von Martinique mit seiner Landschaft, dem kostengünstigen Leben, aber vor allem auch von den Einheimischen sehr begeistert, will eigentlich länger bleiben, muss jedoch von Ruhr und Malaria schwer geplagt, wieder nach Frankreich zurückkehren. Es dauert noch einige Zeit bis er sich von diesen Krankheiten wieder erholt.
Hier ein paar seiner farbenfrohen Martinique-Bilder:
Gauguin glaubt, mit seinen für französischen Verhältnisse ungewohnten Martinique-Bildern, eine Marktlücke zu gefunden zu haben, und spekuliert auf großen finanziellen Gewinn, den er jedoch nicht macht.
Paul Gauguin und Vincent van Gogh:
Im Oktober 1888 folgt Paul nach langem Zögern der Einladung Vincent van Goghs, ihn in seinem Atelier in Arles zu besuchen. Besser bekannt ist dieses unter dem Namen das Gelbe Haus, von dem van Gogh die Vision hat, es zu einem Ort zu machen, in dem Künstler zusammen leben und arbeiten. Gauguin war persönlich nicht gerade angetan von Vincent und kommt nur zu ihm, weil Theo van Gogh, ein erfolgreicher Kunsthändler und Bruder von Vincent, ihm monatliche finanzielle Unterstützung sowie Endschädigung der Reisekosten versprach. Van Gogh hingegen, von der Zusage Gauguin sehr erfreut, beginnt voller Begeisterung und mit viel Engagement zahlreiche seiner berühmtesten Werke zu malen, darunter auch manche seiner Sonnenblumenbilder, um Gauguin zu imponieren.
Aus dieser gemeinsamen Zeit stammen zum Beispiel diese zwei Werke (links ein Bild von Gauguin und rechts eines von van Gogh):
Große Freunde werden die beiden Künstler jedoch nie. Ganz im Gegenteil. Van Gogh und Gauguin sind zwei so unterschiedliche Persönlichkeiten und malen in einem dermaßen anderen Stil, dass es zwischen ihnen häufig zu Streitereien kommt. Für Paul grenzten Vincents viele Sonnenblumenmalereien an Besessenheit. Van Gogh hingegen versteht nicht, wieso Gauguins Werke immer mehr Anerkennung bekommen, während seine Bilder niemand kaufen will. Im Dezember kommt es schließlich, wie es kommen muss. Der genaue Tatablauf ist zwar nicht 100-prozentig geklärt, aber die am verbreitetste Version ist die folgende:
Nachdem Gauguin Anstalten macht abzureisen, wird van Gogh depressiv. Er hat Angst Gauguin zu verlieren und greift ihn in seinem Wahn mit einer Rasierklinge an. Paul passiert nichts, jedoch ist van Gogh so schockiert über sich selbst, dass er sich kurzerhand das Ohr abschneidet und dieses dann einer Prostituierten schenkt. Eine anderer Version besagt, dass die Initiative nicht von van Gogh ausgeht, sondern von Gauguin, der ein leidenschaftlicher Fechter ist und ihn vielleicht mit einem Degen verletzt hat. Rückschlüsse für diese These ziehen Experten aus einem Brief von van Gogh, in dem er schreibt froh zu sein, dass Gauguin keine gefährlicheren Waffen, als seinen Degen dabei habe.
Auf jeden Fall sehen sich die beiden, nach dieser Eskalation nie mehr wieder und Gauguin flüchtet entsetzt nach Paris zurück. Van Gogh stirbt ein Jahr später durch den Versuch, sich mittels eines Bauchschusses umzubringen.
Zeit in der Bretagne und Paris:
Paul ist nun 41 Jahre alt und pendelt die nächsten drei Jahr zwischen Paris und der Bretagne hin und her. Zusammen mit seinem Freund Émile Bernard entwickelt er nun in Pont-Aven den Synthetismus. Das ist eine Stilrichtung, die sich sowohl aus dem Cloisonismus zusammensetzt, bei dem häufig auf Perspektive verzichtet und die dargestellten Personen oder Gegenstände, mit Konturlinien versehen, auf möglichst einfach Formen reduziert werden, als auch aus dem Symbolismus, bei dem das Dargestellte einen tieferen Sinn bekommt und somit im übertragenen Sinne für etwas anderes steht. Auch können im Symbolismus Farben einen tieferen Sinn haben, wie zum Beispiel Weiß als Farbe der Reinheit oder Schwarz für den Tod. Dann werden diese Farben Symbolfarben genannt. Typisch für den Synthetismus sind auch große, einfarbige, grelle Farbflächen, die teilweise dekorativ gestaltet sind.
Im Folgenden ein paar synthetistische Gauguin-Bilder:
Gauguins erster Reise nach Tahiti:
Ende 1880 überlegt Gauguin nach Tahiti zu gehen, da er dort ein großes Paradies erwart, in dem die Lebenshaltungskosten niedrig sind, er wenig arbeiten muss und einfach glücklich alt werden kann. Am meisten hofft er jedoch auf ein Leben nahe am Ursprung und mit der Natur, ein Leben unter
Wilden, wie er es selbst ausdrückt. Danach sehnt er sich nämlich schon, seit er mit seiner Familie von Peru weggezogen ist, und dieser Wunsch wird im Laufe der Zeit immer stärker.
Als er dann schließlich 1891 auf einer großen Auktion mehrere seiner Bilder gut verkaufen kann, nutzt er die Gelegenheit und schifft kurz darauf nach Tahiti. Dort angekommen lebt er für kurze Zeit mit einer Prostituierten zusammen und geht anschließend eine Beziehung mit einer 13-jährigen tahitischen Eingeborenen, namens Teha`amana, ein. Zwar bieten ihm der Anblick von jungen Polynesierinnen und die schöne Landschaft große Inspiration und er malt auch viele Bilder, jedoch wird seine Vorstellung vom großen Paradies ziemlich zerstört, da die vorstoßende Christianisierung und Kolonialherrschaft der Europäer die bunte Welt der Polynesier ziemlich auf den Kopf stellen. Trotzdem lebt diese fröhliche Paradieswelt in seinen Bildern weiter.
Hier ein paar seiner sehr farbenfrohen Tahiti-Bilder:
Im Jahre 1893 kehrt er, wegen erneuter Geldprobleme und weil er krank wird, wieder nach Frankreich zurück.
Zweite Reise nach Tahiti – Abschied für immer:
Kurz darauf stirb sein Onkel Isidore, was ihm ermöglicht, sich eine erneute Reise in die Südsee zu leisten, wo er bis an sein Lebensende bleibt. Bevor er aber in See sticht, besucht er noch ein letztes mal seine Familie in Kopenhagen, um Abschied zu nehmen. In dieser Zeit wird er auch als Schriftsteller aktiv und verfasst das Buch „Noa Noa“, welches von seinen Erlebnissen in Tahiti handelt. Als er dann schließlich am 8.09.1895 in Tahiti ankommt, muss er feststellen, dass Teha`amana nun mit einem Polynesier verheiratet ist. Diese Enttäuschung hält ihn jedoch nicht davon ab, sich im Frühjahr eine neue Geliebte zu suchen. Der 47-jährige Gauguin geht jetzt eine Beziehung mit der 14-jährigen Pau`ura ein. Ihr erstes gemeinsames Kind starb schon kurz nach der Geburt. Der darauf folgende gesunde Junge, namens Emile, wohnt mit ihnen zusammen in einer Hütte in der Nähe von Papeete.
Depressionen und Selbstmordversuch:
Als dann 1897 seine Lieblingstochter Aline, die er mit Mette hat, stirbt, wird Paul depressiv. Zudem kommen auch noch Geldsorgen und die Tatsache, dass er bald aus seiner Wohnhütte ausziehen muss. Selbstmordgedanken kommen in ihm auf.
Doch bevor er sterben will möchte er noch ein Bild malen:
Dieses Bild ist in einem sehr symbolistischen Stil gemalt. Zum Beispiel erkennt man, wenn man das Bild wie es Gauguin möchte von rechts nach links betrachtet: ein Baby, dann Erwachsene und ganz rechts eine Greisin. Dies soll das Leben darstellen. Oft malt Gauguin sich selbst als schwarzen Hund, wie auch in diesem Bild. Der Vogel ganz unten links steht, nach eigener Aussage, für die Nichtigkeit sinnloser Worte. Die Statue verkörpert das Göttliche und lässt Gauguins Faszination für religiöse Riten offenbar werden. Die ganze Szene spielt sich im Garten Eden ab.
Auch wenn man die Symbole im Bild deuten kann, gibt Gauguin dennoch keine Antwort auf die im Titel gestellten Fragen und fordert somit den Betrachter selbst auf, diese zu finden.
Pauls Suizidversuch, sich mit Arsen zu vergiften, scheitert, da er sich von der eingenommen Menge übergeben muss.
Rückzug ins Hinterland:
Gefrustet von der Tatsache, dass die Kolonialisierung immer weiter voranschreitet und seine bunte Paradieswelt immer unwirklicher wird, zieht Gauguin im Jahre 1900 auf die Marquesas-Insel Hiva Oa, welche fernab der Zivilisation liegt. Dort lebt er noch drei Jahre und stirbt schließlich am 8.5.1903 auf Hiva Oa, wo er auch begraben wird.
Hier sind noch ein paar Bilder aus seiner Endzeit:
Gauguins Vermächtnis:
Auch heute erinnert man sich an den großartigen, Natur liebenden Paul Gauguin. Zu Lebzeiten malt er sehr viele Bilder und ging mit ihnen in die Kunstgeschichte ein. Noch heute ist er Vorbild für viele angehende Künstler.
(Die Rechte aller dargestellten Bildinhalte liegen bei Wikimedia Commons)
Von Alicia und Mercedes