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Unerwartete Unterwelten – Zu Besuch im Luftschutzbunker des Wittelsbacher Parks

Oktober 19, 2016 Diesel, Events, Kultur No Comments

Dunkel, düster, dreckig. Als wir in die dunklen Gänge traten, führte uns der Geisterführer sogleich mit seiner Hochleistungstaschenlampe umher. Aufgewirbelter Staub und furchteinflößende Spinnen – tot oder lebendig – wurden taghell erleuchtet. Die zahllosen labyrinthartigen Gänge entpuppten sich als Ruinen. Und wir mittendrin. Aber was hat bitte unsere Klasse in einem Bunker zu suchen?

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Und genau das fragten wir uns auch an diesem regnerischen 1. Aktionstag, am 6. Oktober, der uns zwar nicht direkt in den Beginn einer Gruselgeschichte entführte, aber sehr wohl in die Tiefen der Geschichte. Der Bunker ist ein notdürftig erbautes Relikt der Endjahre des 2. Weltkriegs und befindet sich ungefähr zwölf Meter unter dem Wittelsbacher Park. Leider gibt es allerdings weder Aufzeichnungen noch Baupläne. Bekannt ist nur, dass das ungefähr ein Kilometer verzweigte Tunnelsystem ursprünglich nur 1,60 Meter hoch und auch sonst mit spärlicher Notbeleuchtung und Klappsitzbänken ziemlich ungemütlich eingerichtet war. Fehlende Toiletten und die unsicher mit Holzbalken abgestützte Decke waren jedoch Absicht, da der Luftschutzbunker, der für circa 1000 Personen Schutz bot, nur auf wenige Stunden Aufenthalt ausgelegt war. Und auch die Gänge selbst waren mit Köpfchen gegraben worden, denn falls den Bunker ein direkter Bombentreffer verschont hätte, wäre die Druckwelle trotzdem in der Lage gewesen für Schäden und Verletzte im Inneren zu sorgen. Deshalb war der Bunker wie eine Leiter aufgebaut, in deren Sprossen die Insassen Zuflucht fanden. In den wie zwei Leiterholmen angelegten Zugangswegen befanden sich jeweils an dem einen Ende die Ein- und Ausgangstüren und an dem anderen eine Sackgasse. Diese hätte im Notfall die durch die Eingänge dringende Druckwelle abprallen lassen und, ohne dass sie die in den Sprossen sitzenden Personen geschädigt hätte, die Druckwelle wieder zurück nach draußen geleitet. Nach dem Krieg entfernten die Augsburger dann die stützenden Holzpfeiler, um warm durch den Winter zu kommen, was zur Folge hatte, dass kraterförmige Erdeinbrüche um ein Haar so manchen Spaziergänger im Wittelsbacher Park verschluckt hätten. Deshalb wurde das Tunnelsystem mit Stahlgittern und Spritzbeton erneuert. Heutzutage wird es nur noch von THW (Technisches Hilfswerk) und der Feuerwehr als Übungsraum genutzt.

 

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Und so war denn auch unser „Geisterführer“ ein freundlicher Mitarbeiter des THW. Dieser erklärte uns im Anschluss das Technische Hilfswerk genauer. Diese bundesweite, ehrenamtliche Einrichtung zur Katastrophenhilfe und des Zivilschutzes rückt zum Beispiel bei Hochwasser, Starksturm oder Schlimmeren aus und hilft vor Ort der Zivilbevölkerung. Dabei ergänzt es sich mit der Feuerwehr. Bei Interesse kann man auch als Jugendlicher beitreten. Nachdem wir schließlich noch die teilweise erhaltenen, höhlenartigen nur 1,60 Meter hohen Gänge betreten durften, war der Besuch in der Augsburger Unterwelt auch schon vorbei. Etwas verfroren und durchnässt meisterten wir unseren Weg zum Rathausplatz, um in einem Cafe, nennen wir es mal Henry´s, den Aktionstag abzurunden. Kurz gesagt: Pancakes waren lecker, Kaffee hat auch geschmeckt und unser Grusel-Geister-Aktionstag in den „Katakomben“ Augsburgs fand noch ein schönes Ende.

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Bildrechte: Maurizio Karge

 

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